Die Übernahme von Monsanto versprach 2018 ein großes Geschäft für Bayer. In einer Zeit mit zunehmendem Druck für pharmazeutische Unternehmen versprach die Stärkung der agrarchemischen Sparte die perfekte Lösung zu sein. Monsanto besaß Roundup, einen führenden Unkrautvernichter, und genetisch modifizierte Pflanzen, die perfekt damit zusammenarbeiteten. Zusammen waren diese Produkte eine milliardenschwere Geldmaschine. Bayer hatte inzwischen eine Lobbying-Maschine etabliert, die in der Vermarktung giftiger Substanzen sehr erfahren war. Die Führungskräfte des Unternehmens sahen in Monsantos Roundup und dem aktiven Wirkstoff Glyphosat eine ideale Ergänzung.
Beim Kauf von Monsanto wusste Bayer, dass die „Brüsseler EU“ Glyphosat als vermeintlich sicher eingestuft hatte und es daher genutzt werden konnte, um auf Feldern in ganz Europa versprüht zu werden – und die Nahrung der 500 Millionen Einwohner des Kontinents zu kontaminieren. Viele Länder außerhalb der EU folgten mit ähnlichen Gesetzen zugunsten dieser Chemikalie.
Ein großer Rückschlag war im Jahre 2015 die Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend” durch die zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung (IRC). Im Jahr 2017 erklärte dann der US-Staat Kalifornien, dass Glyphosat Krebs erzeugen kann. Für alle Kalifornier, die dieser giftigen Chemikalie ausgesetzt waren, war das eine wegweisende Entscheidung. Tausende Opfer haben seitdem rechtliche Schritte eingeleitet. In einem wegweisenden Urteil wurde Bayer – die zu dem Zeitpunkt Monsanto besaß – im August 2018 angewiesen, einem ehemaligen Schulhausmeister, der Glyphosat ausgesetzt war, 289 Millionen Dollar zu zahlen. Das Gericht stellte fest, dass Roundup oder, genauer gesagt, der aktive Wirkstoff Glyphosat den Krebs des Mannes verursacht hatte.
In einem zweiten Verfahren ordnete im März 2019 eine Jury in San Francisco an, dass Bayer 80 Millionen US-Dollar an einen Mann zahlen sollte, der als Folge der Aussetzung mit Roundup ein Non-Hodgkin- Lymphom entwickelte. Nach dem Urteil fiel Bayers Aktienkurs und das Unternehmen war weniger wert als das, was es für Monsanto bezahlt hatte. Heute, mit 11.000 zusätzlichen gerichtlichen Klagen, scheint das Vertrauen der Anleger in Bayer schnell zu schwinden.
Aus der Sicht eines Investors ist das einfach zu berechnen. Bis jetzt wurden 2 von 11.000 Verfahren entschieden und der Kurs der Bayer-Aktie hat sich fast halbiert. Man muss kein Mathematiker sein, um zu sehen, dass die Schadenszahlungen an Glyphosat-Opfer Bayer zerstören können. Aber für die Bayer-Aktionäre ist eine andere Frage viel beunruhigender. Können Sie dem Urteil der Unternehmensleitung vertrauen, die einer buchstäblich „giftigen“ Übernahme von Monsanto zu dem außergewöhnlichen Preis von 63 Milliarden USDollar (56 Milliarden Euro) zugestimmt haben?
Welche Möglichkeiten hat Bayer in dieser prekären Situation? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einen Blick zurück in die Geschichte werfen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Bayer mit einer existenziellen Bedrohung konfrontiert wurde. Im Jahr 2001 war das Unternehmen in einer ähnlichen Situation, allerdings waren die Probleme damals selbstverschuldet und nicht eingekauft. Statine, beworben um hohes Cholesterin zu senken, waren damals stark nachgefragte Medikamente. Bayer hat sich einen Teil dieses boomenden Marktes mit ihrem eigenen Statin-Medikament Lipobay (auch bekannt als Baycol) geschnappt. Aber um ein Patent auf dieses Medikament zu bekommen musste Bayer die Moleküle chemisch modifizieren. Diese Manipulation hatte Konsequenzen: Mehr als 30 Patienten starben, die Lipobay/Baycol in der Annahme es könne Herzinfarkten vorbeugen einnahmen. Bayer war schließlich dazu gezwungen, das Medikament im August 2001 vom Markt zu nehmen.
Mit der Möglichkeit auf zehntausende Gerichtsverfahren und Kompensationszahlungen in Milliardenhöhe war die Zukunft von Bayer mehr als fraglich. Patienten und Ärzte protestierten gleichermaßen gegen das Unternehmen. Immenser Druck baute sich in den Medien auf und die Staatsanwaltschaft begann, ein mögliches kriminelles Verhalten von Bayer- Führungskräften zu untersuchen. Das Schicksal des Flagschiffs der deutschen Chemieunternehmen schien besiegelt.
Aber dann geschah in Augenblicken etwas so Unglaubliches, dass sich das Seil um Bayers Hals plötzlich löste. Knapp 5 Wochen nach dem Lipobay/Baycol-Skandal änderten die Ereignisse in New York am 11. September 2001 alles. Erstaunlicherweise waren die Führungskräfte von Bayer – die Tausende Kilometer entfernt in Europa leben – fast sofort vom Haken gelassen worden. In der darauffolgenden Hysterie über mögliche bioterroristische Angriffe mit Milzbranderregern präsentierte sich Bayer als einziger Lieferant einer wirksamen Antibiotika-Lösung. Die Verschiebung hätte nicht dramatischer sein können. Innerhalb weniger Tage hatte sich das Bayer-Image unter dem Namen „Cipro“ verändert. Statt als rücksichtsloser Profiteur, der potenziell Millionen von Patienten ausbeutet, wurde das Unternehmen als eine Art Mutter Theresa, als für den Kampf gegen den Bioterrorismus unverzichtbares Element dargestellt.
In der Gegenwart haben wir keine potenziell gefährlichere Zeit gesehen. Die Zukunft des größten und ältesten multinationalen Chemieunternehmens steht jetzt auf dem Spiel. Einige Analysten haben bereits öffentlich prognostiziert, dass der Aktienkurs des Unternehmens weiter sinken wird.
Es gibt nur wenige außergewöhnliche Ereignisse, die Bayer retten können. Am Beunruhigendsten wäre ein öffentliches Ablenkungsszenario, das selbst den Schrecken eines weltverändernden Ereignisses, wie dem 11. September 2001 in New York, in den Schatten stellen würde.
Um es einfach auszudrücken: Es gibt milliardenschwere unternehmerische Interessen, wo ein Überleben jetzt von einer terroristischen oder militärischen Eskalation irgendwo auf der Welt abhängt – möglicherweise sogar mit Atomwaffen. Das Ziel eines solchen Ereignisses wäre es, einen globalen psychologischen Zustand der Angst zu schaffen, der die Menschheit gelähmt hat.
In einer solchen Atmosphäre wäre die Forderung nach außergewöhnlichen „Schutzmaßnahmen“ unvermeidlich. Weltweit würden weit reichende Erlassgesetze verabschiedet werden, die sich am bestehenden Patriot Act der Vereinigten Staaten orientieren. Solche Gesetze könnten Bayer und andere multinationale Konzerne willkürlich als wesentlich für die Bewältigung der globalen Krise bezeichnen. Alle Klagen von Verbrauchern, Ländern oder Staaten gegen solche Unternehmen könnten dann im Wesentlichen verboten werden.
Natürlich behauptet niemand, dass Bayer in ein solches, unaussprechliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt wäre. Aber im Angesicht des eigenen Untergangs wäre das Unternehmen einer der größten Nutznießer eines solchen Szenarios.
Daher ist es der Zweck dieses Artikels unsere Sinne für eine solche Möglichkeit zu schärfen. Indem wir sie entlarven, können wir möglicherweise deren Erfolg verhindern!