Milliarden Menschen auf der ganzen Welt beziehen über ihre tägliche Ernährung nicht genügend essentielle Nährstoffe – was Dr. Rath bereits seit Jahrzehnten feststellt, bestätigt nun schließlich eine bahnbrechende Studie, die in der Fachzeitschrift The Lancet Global Health publiziert wurde. Als erste ihrer Art bewertet die Studie den Nährstoffmangel auf globaler Ebene. Analysiert wurden dazu Daten aus 185 Ländern, um ermitteln, welche Vitamine und Mineralstoffe den Menschen am häufigsten fehlen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass mehr als 5 Milliarden Menschen – also etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung – nicht genügend Jod, Vitamin E oder Calcium zu sich nehmen. Über 4 Milliarden Menschen nehmen zu wenig Eisen, Vitamin B2, Folsäure und Vitamin C zu sich. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung unzureichend mit Mikronährstoffen versorgt ist.
Die Studie verwendet Daten aus der Global Dietary Database (GDD), um abzuschätzen, wie viel von jedem Nährstoff die Menschen über ihre normale Ernährung aufnehmen. Die Forscher konzentrierten sich auf subnationale Gruppen – verschiedene Regionen innerhalb von Ländern –, um ein detaillierteres Verständnis der durchschnittlichen Nährstoffzufuhr zu erhalten. Durch Berücksichtigung einer Vielzahl von Faktoren wie Alter, Geschlecht und Ernährungsgewohnheiten konnte das Forschungsteam eine umfassende Karte der Nährstoffaufnahme in der ganzen Welt erstellen.
Für ihre Schätzungen nutzten die Forscher mathematische Modelle, die die Nährstoffzufuhr der Menschen mit den empfohlenen täglichen Standardmengen verglichen. Hierbei bezogen sie mit ein, wie bestimmte Lebensmittel die Nährstoffaufnahme beeinflussen können. So wurde in der Studie beispielsweise bedacht, dass Phytate – die in Lebensmitteln wie Getreide und Hülsenfrüchten enthalten sind – die Aufnahme von Zink und Eisen blockieren können. Andererseits kann der Verzehr von mehr Fleisch und Meeresprodukten die Eisenaufnahme begünstigen. Durch die Berücksichtigung dieser Faktoren konnte die Studie ein klareres Bild der Nährstoffaufnahme sowohl auf Länder- als auch auf regionaler Ebene zeichnen.
Ein wahrlich globales Problem
Die Studie bestätigt, dass Nährstoffmangel ein wirklich weltweit vorherrschendes Problem ist. So stellten die Forscher fest, dass mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung nicht genug Jod, Vitamin E oder Calcium zu sich nehmen, während mehr als 4 Milliarden Menschen ungenügend Eisen, Vitamin B2, Folsäure oder Vitamin C aufnehmen. Vitamin B1, Vitamin B3 und Magnesium wiesen die geringsten Defizite auf und betrafen »nur« etwa ein Drittel der Weltbevölkerung.
Ermittelt wurde, dass bestimmte Regionen und Bevölkerungsgruppen von einigen Nährstoffdefiziten stärker betroffen sind als andere. So ergab die Studie, dass Calciummangel in Südasien, Afrika südlich der Sahara sowie in Teilen Ostasiens und des Pazifiks am häufigsten vorkommt. Jüngere Menschen im Alter zwischen 10 und 30 Jahren scheinen in diesen Regionen besonders gefährdet zu sein, einen Mangel an Calcium zu erleiden.
Im Gegensatz dazu wiesen die Länder in Nordamerika und Europa im Allgemeinen niedrigere Raten von Calciummangel auf. Ähnlich verhält es sich mit dem Jodmangel, der zwar weltweit verbreitet ist, aber in Europa und Kanada deutlich seltener vorkommt. In den pazifischen Inselstaaten war die Häufigkeit des Vitamin-E-Mangels dagegen gering.
Eines der auffälligsten Ergebnisse der Studie war der Unterschied in der unzureichenden Nährstoffzufuhr zwischen Männern und Frauen. Im Ganzen wurde festgestellt, dass Frauen weltweit eher eine unzureichende Zufuhr von Jod, Vitamin B12, Eisen, Selen, Calcium, Vitamin B2 und Folsäure aufweisen. Bei Männern hingegen war die Wahrscheinlichkeit einer unzureichenden Zufuhr von Magnesium, Vitamin B6, Zink, Vitamin C, Vitamin A, Vitamin B1 und Vitamin B3 erheblicher.
Welche Schlussfolgerungen können gezogen werden?
Bei dem Versuch, die Schlüsse aus dieser Studie zu ziehen, verdienen zwei Dinge besondere Beachtung. Erstens haben die Forscher die Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln oder den Konsum von angereicherten Lebensmitteln nicht berücksichtigt. Das bedeutet, dass in Ländern, wo dies üblich ist, die Inzidenz der Nährstoffunterversorgung möglicherweise nicht so hoch ausfällt, wie es den Anschein hat. Eine im Jahr 2023 veröffentlichte Umfrage ergab, dass beispielsweise 74 Prozent der amerikanischen Erwachsenen Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, wobei 55 Prozent von ihnen als »regelmäßige Anwender« eingestuft werden.
Zweitens, und das ist entscheidend, gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass die empfohlenen Tagesdosen (RDA) für Vitamine und Mineralstoffe für die meisten Menschen gar nicht ausreichen, um eine optimale Gesundheit zu gewährleisten. In einer kürzlich in der Fachzeitschrift Nutrients veröffentlichten Übersichtsarbeit wurde etwa empfohlen, zur Vorbeugung und Behandlung von Vitamin-D-Mangel in der erwachsenen Bevölkerung täglich 2000 IE (50 Mikrogramm) Vitamin D zuzuführen (das entspricht 333 Prozent der derzeitigen RDA der USA). Um es kurz zu machen: Wenn schon die jeweiligen behördlichen Empfehlungen für die tägliche Nährstoffzufuhr zu niedrig angesetzt sind – und unsere Organisation ist davon überzeugt, dass dies der Fall ist –, dann könnte das globale Gesamtbild der Vitamin- und Mineralstoffunterversorgung noch schlimmer sein, als die Lancet Global Health-Studie vermuten lässt.
Abgesehen von diesen Einschränkungen liefert diese Studie wichtige Beweise für das, was Organisationen wie die unsere schon seit Jahren sagen. Groß angelegte Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie z. B. Ergänzungsprogramme, die Anreicherung von Lebensmitteln und die Förderung einer gesünderen Ernährung, werden entscheidend sein, um die vor uns liegenden Herausforderungen zu meistern. Regierungen und Gesundheitsbehörden weltweit müssen unverzüglich mit der Umsetzung dieser Strategien beginnen.