Die britische Regierung setzt voll auf injizierbare Medikamente zur Gewichtsreduzierung. Premierminister Sir Keir Starmer und Gesundheitsminister Wes Streeting preisen sie sogar als die Lösung an, um Arbeitslose wieder in Jobs zu bringen, und behaupten, die Spritzen würden nicht nur die Fettleibigkeit bekämpfen, sondern auch die britische Wirtschaft ankurbeln. In Wirklichkeit hat ihre Begeisterung für diese Medikamente jedoch wenig mit Gesundheit zu tun. Weit davon entfernt, ›Wundermittel‹ zu sein, sind Injektionen zur Gewichtsreduzierung wie Ozempic, Mounjaro und Wegovy lediglich der jüngste zynische Versuch, die unersättliche Gier des Pharma-Investmentgeschäfts zu befriedigen.
In ihrer Rolle als politische Interessenvertreter der Pharmaindustrie setzen Starmer und Streeting ihre Hoffnungen auf eine klinische Studie, die in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Pharmariesen Eli Lilly durchgeführt werden soll und bei der adipösen Arbeitslosen Mounjaro gespritzt wird. Doch in ihrem Eifer, den Billionen-Dollar-Altar der Pharmaindustrie anzubeten, ignorieren sie die Tatsache, dass Fettleibigkeit nur ein Teil eines vielschichtigen Gesundheitsproblems ist. Es zu behandeln, ohne die Ursachen zu bekämpfen, ist keine Lösung.
Wunschdenken
Es ist nicht das erste Mal, dass die britische Regierung versucht, die Fettleibigkeit zu bekämpfen. Von der halbherzigen Förderung gesunder Ernährung bis hin zur Einführung einer Steuer auf zuckerhaltige Getränke wurden unzählige Initiativen zur Bekämpfung des Problems ergriffen. Aber sie sind alle gescheitert. Heute ist immer noch jeder dritte Erwachsene im Vereinigten Königreich übergewichtig. Die Vorstellung, dass Medikamente das erreichen können, was jahrzehntelange Gesundheitspolitik nicht vermochte, ist Wunschdenken.
Medikamente zur Gewichtsreduzierung sorgen vielleicht für ein schnelleres Sättigungsgefühl, aber sie sind kein Heilmittel für kalorienreiche, nährstoffarme Ernährung. Darüber hinaus gibt es bereits ernsthafte Bedenken, dass sie eine ›Abhängigkeitskultur‹ schaffen, in der die Menschen intensive Bemühungen zur Verbesserung ihrer Ernährungs- und Bewegungsroutinen übergehen und sich stattdessen einfach auf injizierbare Arzneimittel verlassen. Das mag zwar den Profiten der Pharmaindustrie dienlich sein, geht aber an den eigentlichen Ursachen des Problems ganz offenkundig vorbei.
Zuruf durch Promis
Der Plan der britischen Regierung wirft auch andere Fragen auf. Der Nationale Gesundheitsdienst (NHS) hat zum Beispiel strenge Regeln dafür, wer diese Medikamente erhalten kann. Derzeit sind nur Menschen mit schwerer Fettleibigkeit und anderen gesundheitlichen Komplikationen für Wegovy qualifiziert, und selbst dann ist der Zugang auf spezialisierte Programme beschränkt, die ohnehin schon bis zum Äußersten ausgereizt sind. Indes ist Mounjaro im Vereinigten Königreich noch nicht einmal zugelassen, und wenn es das ist, könnte es Jahre dauern, bis es eingeführt wird.
Aber stellen wir uns vor, dass Starmer und Streeting den NHS zwingen, die Schleusen zu öffnen. Wären die Arzneimittelhersteller in der Lage, mit der Nachfrage Schritt zu halten, oder würden sie mit Preiserhöhungen reagieren? Es gibt bereits Engpässe bei Wegovy und Ozempic, weil Privatkliniken den Vorrat für wohlhabende Kunden horten. Promis haben offen über ihre Anwendung der Injektionen gesprochen, und die sozialen Medien sind voll von Befürwortern. All dies hat dazu geführt, dass der NHS um Nachschub ringt.
Zuletzt ist auch die Vorstellung töricht, dass Injektionen zur Gewichtsreduzierung die Langzeitarbeitslosigkeit auf magische Weise verringern würden. Zweifellos könnte die Reduzierung von Übergewicht die Gesundheit mancher Menschen verbessern, aber Fettleibigkeit ist mitnichten die Hauptursache für Arbeitslosigkeit. Nach Angaben des britischen Statistikamtes sind psychische Erkrankungen und Muskel-Skelett-Probleme die Hauptgründe dafür, dass Menschen nicht arbeiten können. Diese Medikamente werden also keineswegs den wirtschaftlichen Aufschwung bringen, den Starmer und Streeting anstreben.
Unangenehme Begleiterscheinungen
Während Injektionen zur Gewichtsreduzierung als ultimative Lösung für Fettleibigkeit und Arbeitslosigkeit angepriesen werden, bringen sie eine Reihe unangenehmer Nebenwirkungen mit sich, über die nicht laut genug gesprochen wird. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung und Unterleibsschmerzen sind besonders häufig. Und wenn die Patienten die Injektionen absetzen, kehrt wahrscheinlich das meiste oder das gesamte verlorene Gewicht zurück. Bei Kosten von rund 1 000 Dollar pro Monat und Patient hat die Pharmaindustrie ihr ureigenes Interesse daran, dass die Menschen von diesen Behandlungen abhängig werden.
Medikamente zur Gewichtsreduzierung sind bei weitem nicht die Veränderung, als die sie propagiert werden, sondern nur die neueste, hochgejubelte Erfindung der Pharmaindustrie. Die Erwartung, dass sie in absehbarer Zeit die gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Probleme einer Nation lösen werden, ist bestenfalls naiv. Stattdessen sind sie nur eine weitere Ablenkung, die mehr Geld in die Taschen der Pharmaindustrie spült und verhindert, dass echte, langfristige Lösungen für die unzähligen Probleme, mit denen unsere Welt konfrontiert ist, in Angriff genommen werden.