Kenias Oberster Gerichtshof hat der Bill & Melinda Gates Foundation einen schweren Schlag versetzt, indem er eine Reihe höchst umstrittener rechtlicher Immunitäten und Privilegien aufhob, die der Stiftung in dem Land unlängst gewährt wurden. Über das Urteil wurde vor Ort berichtet, kaum jedoch international seitens der überkommenen Mainstream-Medien. Das ist umso bemerkenswerter, da die Entscheidung wichtige Fragen über Macht und Privilegien aufwirft, die Gates und andere superreiche Philanthrokapitalisten in Entwicklungsländern ausüben.
Der Gerichtsbeschluss, der von Richter Bahati Mwamuye erlassen wurde, hebt die ›Privileges and Immunities (Bill and Melinda Gates Foundation) Order, 2024‹ auf und entzieht der Gates-Organisation, ihren Direktoren und Bevollmächtigten die verschiedenen rechtlichen Schutzschilde, welche ihnen von der kenianischen Regierung eingeräumt wurden. Dies geschieht in einer Zeit, in der die Aktivitäten der Stiftung, die nach Ansicht vieler Beobachter die Grenze zwischen Altruismus und Einflussnahme verwischen, vermehrt unter die Lupe genommen werden.
Die Vorrechte, zu denen Steuerbefreiungen und Schutz vor Gerichtsverfahren gehören, hatten, nachdem sie verliehen worden waren, unter kenianischen Rechtsexperten wie auch in der Zivilgesellschaft schnell Empörung ausgelöst. Die kenianische Anwaltskammer (Law Society of Kenya) klagte daraufhin vor Gericht und gab an, dies verstoße gegen das kenianische Gesetz über Privilegien und Immunitäten.
Die Anwaltsorganisation argumentierte, dass derartige juristische Schutzmaßnahmen in der Regel diplomatischen oder humanitären Einrichtungen vorbehalten sind, nicht aber privaten Stiftungen. Damit brachte sie die Besorgnis der Öffentlichkeit zum Ausdruck, dass die Entscheidung, diese Art von Immunität zu gewähren, die Grundsätze der Transparenz und der Rechenschaftspflicht untergraben habe und dass es keiner Einrichtung, unabhängig von ihren angeblich wohltätigen Zielen, erlaubt sein sollte, über dem Gesetz zu stehen.
Der kenianische Premierminister Musalia Mudavadi, der die Immunitätsbestimmungen befürwortet hat, machte den Versuch, sie mit den vermeintlichen Beiträgen der Gates-Stiftung zur Bekämpfung von Armut, Krankheit und Ungleichheit in der Welt zu rechtfertigen. Kritiker halten dagegen, dies verkenne den immensen Einfluss, den Gates auf Regierungen hat, insbesondere in Bereichen wie dem Gesundheitswesen und der Landwirtschaft, wo er wichtige Programme finanziert und beeinflusst.
Auch die Gates-Stiftung versuchte, die Vereinbarung zu verteidigen und behauptet, sie entspreche internationalen Normen. Dies reichte allerdings nicht, um das wachsende Unbehagen über Gates und seine Aktivitäten in Kenia zu zerstreuen.
Eine extreme Konzentration von Reichtum und Macht
Die Entscheidung des kenianischen Gerichts hat die Debatte über die Einmischung von superreichen Philanthrokapitalisten in die Angelegenheiten afrikanischer Staaten neu entfacht. Diese Personen agieren häufig als Machtinhaber, die, jeglicher Rechenschaft enthoben, demokratische Prozesse umgehen und ihre Privatinteressen durchsetzen. Wiederholt wurde gegen die Gates-Stiftung der Vorwurf laut, einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf die öffentliche Politik in Entwicklungsländern zu haben und ihre eigene Agenda über die lokalen Bedürfnisse zu stellen.
Der Fall soll im Februar 2025 zu weiteren Beratungen an das Gericht zurückkehren. In der Zwischenzeit werden die Aktivitäten der Gates-Stiftung in Kenia einer sehr genauen Beobachtung unterzogen. Damit nicht genug, könnten die Auswirkungen des Urteils sogar weit über die Grenzen des Landes hinausgehen.
Die extreme Konzentration von Reichtum und Macht stellt, wo auch immer die Gates Foundation tätig ist, eine klare Herausforderung für die nationale Souveränität dar. Die offensichtliche Fähigkeit der Organisation, sich weitreichende, diplomatisch anmutende Immunität zu verschaffen, wirft zudem ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Transparenz und Rechenschaftspflicht auf. In den kommenden Monaten dürfte sich Gates zumindest einigen unbequemen Fragen aussetzen müssen. Dass seine Glaubwürdigkeit einen rapiden Absturz nimmt, hat er sich selbst zuzuschreiben.