Ein Bericht, der von einem obskuren EU-Gremium veröffentlicht wurde, droht sich in ein politisches Pulverfass zu verwandeln, nachdem er online veröffentlicht und dann wieder vom Netz genommen wurde.
[Quelle: politico.eu]
Die Geschichte von Skandalen und Geheimhaltung in der Europäischen Union (EU) ist lang. So mussten 1999 alle 20 Mitglieder der Europäischen Kommission, des Exekutivorgans der EU, zurücktreten, nachdem ein Whistleblower-Bericht ein opulentes Dickicht von Betrügereien, Vetternwirtschaft und schwerwiegenden Fehlern in der Verwaltung aufgedeckt hatte. Doch war dieser Vorfall mitnichten Wegbereiter eines Wandels, sondern allenfalls ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte.
Der Galvin-Bericht, verfasst und benannt nach dem für Innenrevision zuständigen EU-Beamten Robert Galvin, wurde Ende 2006 angefertigt, um die von EU-Parlamentariern beantragten Spesen und Aufwandsentschädigungen zu prüfen. Ihm zugrunde lag eine Stichprobe von mehr als 160 Abgeordneten. Der Bericht deckte schockierende Missstände auf. Daher wurde seine Existenz umgehend vertuscht. Im Februar 2008 bekam der britische EU-Abgeordnete Chris Davies davon Wind. Doch selbst dann blieb dessen Inhalt unter Geheimhaltung. Einblick nehmen durfte lediglich eine ausgewählte Gruppe von Abgeordneten – in einem verschlossenen und bewachten Raum. Wäre der brisante Bericht nicht 2009 von WikiLeaks veröffentlicht worden, er bliebe wahrscheinlich noch heute geheim.
Geheimhaltung und Intransparenz sind in den EU-Institutionen die Norm. Gewohnheitsmäßig bemühen sich diese darum, die Wahrheit vor den Bürgern zu verbergen. Ein durchgesickertes internes Memo der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2009 spornt Beamte sogar an, Informationen vor der Öffentlichkeit zu verschleiern. In dem Schreiben wird den Beamten erklärt, wie sie die europäischen Gesetze zur Informationsfreiheit umgehen können; indem sie zwei Dokumentensätze erstellen: einen neutralen für die Öffentlichkeit und einen geheimen für den internen Gebrauch.
Auch Eurojust, die EU-Behörde zur Verbrechensbekämpfung, war bereits in Korruptionsskandale verwickelt. Im Dezember 2009 trat der Leiter von Eurojust, Jose da Mota, zurück, nachdem er für 30 Tage suspendiert worden war, weil er Druck auf die portugiesischen Staatsanwälte ausgeübt hatte, um eine Korruptionsuntersuchung zu stoppen, in die der portugiesische Premierminister Jose Sócrates verwickelt war. Sócrates, dem Skandale selbst nicht fremd sind, wurde später wegen Geldwäsche und anderer Straftaten verhaftet.
Weitere Informationen über ›Qatargate‹, den jüngsten Skandal, der die EU erschüttert, finden Sie in diesem Artikel auf unserer Webseite.