Matthias Rath M.D.
Journal of Orthomolecular Medicine 1993, 8:134-135
Die Gesundheitsversorgung und die Medizin des 21. Jahrhunderts werden sich deutlich von der heutigen Situation unterscheiden:
- Die ernährungsbezogene Medizin wird ein wesentlicher Bestandteil jedes künftigen Gesundheitswesens sein.
- Vitamine und andere essentielle Nährstoffe werden als wirksame, sichere und erschwingliche Präventiv- und Therapiemittel akzeptiert werden.
- Nahrungsergänzungsmittel (NEM): Skeptizismus und Voreingenommenheit – die beiden vorherrschenden Haltungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – werden durch Realismus und Objektivität gegenüber NEM ersetzt werden.
- Eine objektive wissenschaftliche Einstellung zu essentiellen Mikronährstoffen wird der medizinischen Forschung und den wissenschaftlichen Erkenntnissen einen beispiellosen Aufschwung verleihen.
- Vor allem aber werden viele Krankheiten, die im 20. Jahrhundert zum Charakteristikum der Menschheit geworden sind, einschließlich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, letztlich ausgemerzt werden.
Anlässlich der Veröffentlichung meines Buches Eradicating Heart Disease[1] möchte ich den Lesern des Journal of Orthomolecular Medicine die Gründe für diese ermutigende Perspektive darlegen.
Die Verbindung zwischen Eiszeit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE)
Meine Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Eiszeit, Vitaminmangel und HKE wird letztendlich zur Ausmerzung von Herzinfarkten, Schlaganfällen und damit zusammenhängenden HKE führen.[2,3] Die Eiszeiten, die vor 2,5 Millionen Jahren begannen, hatten einen dramatischen Einfluss auf den Genpool der menschlichen Spezies. Die größte Bedrohung für das evolutionäre Überleben des Menschen war wegen der vitamindefizienten und daher skorbutischen Gefäßwand der Blutverlust. Angeborene Störungen, die zu HKE und verwandten Krankheiten führen, waren im Verlauf der Eiszeit die Antwort der Natur, um die Gefäßwand während Tausenden von Generationen extremen Vitaminmangels zu schützen. Das Eiszeit/HKE-Axiom besagt: »Erbliche Störungen, die zu einer Verdickung der Blutgefäßwände führen oder die Gefäßwand während des Vitaminmangels auf andere Weise schützen, sind in den Eiszeiten entstanden oder wurden in dieser Zeit stark begünstigt. Diese Krankheiten können durch eine optimale Zufuhr von Vitaminen, insbesondere von Vitamin C, verhindert und behandelt werden.«[4]
Der Zusammenhang zwischen Eiszeit und HKE setzt den Begriff Krankheit für Herzinfarkte, Schlaganfälle und verwandte HKE außer Kraft und definiert sie als Zustände, die durch Ernährungsmängel verursacht werden. Das Gleiche gilt für viele andere vererbliche Störungen, die zu einer allgemeinen Verdickung des Körpergewebes einschließlich der Blutgefäßwände führen. Diese Erkrankungen hatten auch einen evolutionären Vorteil, da sie unsere Vorfahren vor den tödlichen Folgen eines Vitaminmangels schützten. Auf der Grundlage dieser Entdeckungen könnten auch die folgenden Krankheiten ausgerottet werden: Diabetes, Homocystinurie, Alzheimer, Parkinson, Mukoviszidose, Muskeldystrophie, Lupus erythematodes und Dutzende anderer Krankheiten. Die Einzelheiten dieser Entdeckung werden in meinem neuen Buch behandelt.
Beseitigung von Herzkrankheiten
Die Ausmerzung von Herzkrankheiten ist ein realistisches Ziel. Auf der Grundlage der oben genannten Entdeckungen und der im Laufe der Jahre gesammelten wissenschaftlichen Erkenntnisse habe ich Ernährungsempfehlungen für eine optimale kardiovaskuläre Gesundheit entwickelt. Hunderte von Patienten befolgen bereits diese Empfehlungen. Ihre erstaunlichen Erfahrungsberichte sind ein wichtiger Bestandteil des Buches:
- Abklingen der Angina pectoris innerhalb von ein bis zwei Wochen
- Abklingen von unregelmäßigem Herzschlag (Arrhythmie) innerhalb von Tagen
- Behebung von Kurzatmigkeit
- Zunahme der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit
Erzielt werden diese Wirkungen durch Nahrungsergänzungsmittel, die den gestörten Blutfluss zum Herzmuskel wiederherstellen und den Stoffwechsel von Millionen von Herzzellen verbessern. Die wichtigsten unter diesen Nährstoffen sind Vitamin C, Vitamin E, Niacin, Lysin, Prolin, Coenzym Q10, Carnitin sowie bestimmte Mineralstoffe. Besonderes Gewicht wird in dem Buch auf meine früheren Entdeckungen der therapeutischen Wirkung von Ascorbat, Lysin und verwandten Verbindungen bei der Neutralisierung des Risikos von Lipoprotein(a) gelegt.[5] Beschrieben wird darüber hinaus ein neuer therapeutischer Mechanismus, bei welchem Lysin und Prolin zusammen mit anderen essentiellen Nährstoffen den »atherosklerotischen Tumor« in der Gefäßwand verringern, der von glatten Muskelzellen verursacht wird. Basierend auf meinen früheren Entdeckungen hat mein ehemaliger Kollege Linus Pauling dankenswerterweise die Aufgabe übernommen, den therapeutischen Wert von Lysin in Kombination mit Ascorbat zu dokumentieren.[6,7] In Fallberichten beschrieb er den Rückgang der Angina pectoris bei Patienten, die über mehrere Monate hinweg fünf Gramm und mehr Vitamin C und Lysin einnahmen. Diese Ergebnisse sind zwar ermutigend, zeigen aber auch die Grenzen eines therapeutischen Ansatzes auf, der auf zwei Komponenten beruht: Fünf- bis zehnmal höhere Mengen an Nahrungsergänzungsmitteln und ein längerer Zeitraum sind erforderlich, um dem Patienten Linderung zu verschaffen. Die in meinem neuen Buch dokumentierten Empfehlungen bringen die Ernährungsmedizin einen Schritt weiter in Richtung einer umfassenden Nahrungsergänzung für eine optimale kardiovaskuläre Gesundheit. Die sofortigen und tiefgreifenden gesundheitlichen Verbesserungen selbst bei Patienten mit einer Vielzahl von schweren Herzerkrankungen beweisen, dass diese Empfehlungen für die Behandlung verschiedener Herzkrankheiten und damit zusammenhängender Erkrankungen äußerst wirksam sind. Diese Empfehlungen halten jedem Vergleich mit verschreibungspflichtigen Medikamenten bei der Therapie von Angina pectoris, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Herzinsuffizienz sowie bei der Vorbeugung von diabetischen Gefäßerkrankungen und anderen Formen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen stand.
Eine persönliche Chronologie
Meine früheren Veröffentlichungen im Journal of Orthomolecular Medicine haben wiederholt das Interesse an der Geschichte dieser Entdeckungen geweckt. Daher ist eine kurze persönliche Chronologie vielleicht angebracht: Im Jahr 1987, nachdem ich die Verbindung zwischen Lipoprotein(a) und Vitamin C entdeckt hatte, empfahl ich einer Person mit hohen Lipoprotein(a)-Werten eine Vitamin-C-Supplementierung. Dies war der erste therapeutische Versuch, erhöhte Blutkonzentrationen dieses Risikofaktors mit Hilfe von Vitamin C zu senken.[8,9] Während meines Forschungsprojekts an der Universität Hamburg verwendete ich L-Lysin und synthetische Lysinanaloga zur Isolierung von Lipoprotein(a) aus Blut und aus Arterienwänden. Dies legte den therapeutischen Einsatz von Lysin und synthetischen Lysinanaloga[5] nahe, eine therapeutische Technologie, für die ich in der Zwischenzeit Patente erhalten habe. Anfang 1990, nachdem die herausragende Rolle von Lipoprotein(a) bei der menschlichen Atherosklerose festgestellt worden war[10], kam ich in die Vereinigten Staaten, um an der physiologischen Rolle von Lipoprotein(a) zu arbeiten und meine früheren therapeutischen Entdeckungen weiterzuverfolgen. Meine wissenschaftlichen Entdeckungen wurden im Laufe des Jahres hauptsächlich im Journal of Orthomolecular Medicine veröffentlicht, und ich hatte in der Regel meinen ehemaligen Kollegen Linus Pauling eingeladen, sich mir als Co-Autor anzuschließen. Im September 1992 gründete ich mein eigenes Forschungsunternehmen, um die Forschung und Ausbildung in der Ernährungsmedizin weiter zu fördern.
Zum Wohle der Menschheit
Meine Entdeckungen, die ich im neuen Buch zusammenfasse, öffnen die Tür zur Beseitigung von Herzinfarkten, Schlaganfällen und Dutzenden damit zusammenhängender Erkrankungen bei künftigen Generationen der Menschheit. Während diese Entdeckungen für einen einzelnen Wissenschaftler erfreuliche kleine Schritte sind, könnten sie im Dienste der Menschheit zu Riesenschritten werden.
Quellen
- Rath M. (1993) Eradicating heart disease. San Francisco. Dieses Buch wurde inzwischen ersetzt durch »Warum kennen Tiere keinen Herzinfarkt… aber wir Menschen«
- Rath, M., Pauling, L. (1992) A unified theory of human cardiovascular disease leading the way to the abolition of this disease as a cause for human mortality. Journal of Orthomolecular Medicine 7: 5-15.7.
- Rath M. (1992) Solution to the puzzle of human evolution. Journal of Orthomolecular Medicine 7: 73-80.
- Rath M. (1992) Reducing the risk for cardiovascular disease with nutritional supplements. Journal of Orthomolecular Medicine 7: 153-162.
- Rath M and Pauling L. (1991) Solution to the puzzle of human cardiovascular disease: Its primary cause is ascorbate deficiency, leading to the deposition of lipoprotein(a) and fibrinogen/fibrin in the vascular wall. Journal of Orthomolecular Medicine 6: 125-134.
- Pauling L. (1991) Case report: Lysine/ascorbate-related amelioration of angina pectoris. Journal of Orthomolecular Medicine 6: 144-146.
- McBeath M, Pauling L. (1993) A case history: lysine/ascorbate-related amelioration of angina pectoris. Journal of Orthomolecular Medicine 8: 77-78.
- Rath M and Pauling L. (1990) Hypothesis: Lipoprotein(a) is a surrogate for ascorbate. Proceedings of the National Academy of Sciences USA 87: 6204-6207.
- Rath M. (1992) Lipoprotein-a reduction by ascorbate. Journal of Orthomolecular Medicine 7: 81-82.
- Rath M, Niendorf A, Reblin T, Dietel M, Krebber H-J, and Beisiegel U. (1989) Detection and quantification of lipoprotein(a) in the arterial wall of 107 coronary bypass patients. Arteriosclerosis 9: 579-592.