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Tätigkeit am Linus Pauling Institut

Ich erinnere mich an den Tag Anfang 1990, als ich auf der Page Mill Road in die Silicon Valley Stadt Palo Alto hineinfuhr. Ich war voller Ideen und Pläne, den Zusammenhang zwischen Vitamin-C-Mangel und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf experimenteller Ebene schnell zu bestätigen. Mein Auto hielt in der Page Mill Road 440. Das war das Linus Pauling Institut, wo ich während meiner Studienzeit mehrmals mit Linus Pauling zusammengetroffen war. Dieses Mal war es anders. Hier würde mein neuer Arbeitsplatz sein und eine der größten Erfahrungen in der Geschichte der Medizinwissenschaften lag vor mir. Ich war aufgeregt.

Außer Linus wusste niemand vom bevorstehenden wissenschaftlichen Erdbeben und der Folge von Explosionen, die an diesem eher ruhigen Institut stattfinden sollten. Um die wahre Natur dieser Entdeckung zu verschleiern und vor neugierigen Kollegen zu schützen, verabredeten Linus und ich eine Codesprache für dieses Projekt. Selbst der Vortrag, den ich Anfang Januar vor den Mitarbeitern des Pauling Instituts gehalten hatte, behandelte nur die Arbeit am Lipoprotein(a) – ohne einen Zusammenhang mit Vitamin C zu erwähnen, was natürlich der wirklich aufregende Teil daran war.

Am nächsten Morgen hatten Linus und ich ein Gespräch mit dem Manager des Linus Pauling Instituts. Linus sprach ihn direkt an: »Ich möchte, dass jeder an diesem Institut weiß, dass Matthias unter meinen persönlichen Schutz steht.« Erst später wurde mir klar, dass der zweifache Nobelpreisträger diese Erklärung nicht nur auf Grundlage von Freundschaft und gemeinsamen wissenschaftlichen Interessen mit mir abgegeben hatte. Er wusste auch, dass dieses Institut einem Minenfeld glich.

Das Pauling Institut bestand schon zwei Jahrzehnte, hatte aber sein Profil als Vitaminforschungsinstitut verloren. Nur einer von zehn Forschern arbeitete an Vitamin C und Millionen Dollar an Spenden aus der ganzen Welt wurden für Forschungen verschwendet, die nicht im Entferntesten mit der Dokumentation der gesundheitsfördernden Wirkung von Vitaminen zu tun hatten. Linus’ letztes Buch »How to live longer and feel better« enthielt zweihundert Literaturangaben, aber nur eine Handvoll stammte aus seinem Institut! Es war deutlich, dass der Nobelpreisträger sein Institut Leuten anvertraut hatte, die sich davor scheuten, den Kampf für die Anerkennung der Vitamine und deren Gesundheitsbedeutung aufzunehmen! Zehntausende Leser der Bücher von Linus Pauling verbanden seinen Namen mit laufender Vitaminforschung, doch die Verwaltung des Instituts scheute sich vor Kontroversen und der Aufnahme des Kampfes für natürliche Gesundheit.

In dieser Situation hatte der 90 Jahre alte Linus seine letzte Chance erkannt, einen jungen und enthusiastischen Forscher für die Fortführung seines Lebenswerkes zu finden. Mich als seinen persönlichen Schützling anzukündigen, hätte keine größere Bedrohung für die damalige Führung des Linus Pauling Instituts bedeuten können. Die Folgen sollte ich schon bald zu spüren bekommen. Statt eines vernünftigen Arbeitsplatzes mit Schreibtisch und Stuhl wurde mir ein Platz in einer Ecke des fensterlosen Lagerbereichs des Pauling Instituts zugewiesen. Meine Bitte an die Institutsverwaltung um einen Forschungsassistenten, der im Labor helfen könnte, wurde mit dem Argument abgelehnt, das Institut habe kein Geld.

Da ich nicht nachgeben wollte, brachte ich dem Hausmeister bei, die Elektrophoreseexperimente im Labor durchzuführen, damit ich mich auf die Ausarbeitung dieses medizinischen Durchbruchs konzentrieren konnte. Wochen, vielleicht Monate vergingen verloren und erst ein Jahr später bekam ich schließlich einen qualifizierten Forschungsassistenten.

Schlüsselexperimente für den medizinischen Durchbruch

Die grundlegende Entdeckung der Beziehung zwischen Vitamin C und Lipoprotein(a) hatte ich bereits 1987 gemacht. Nun stand die Tür weit offen, um das Konzept wissenschaftlich zu beweisen. Ich richtete eine Studie mit Meerschweinchen ein, ein Tiermodell, das den gleichen genetischen Defekt wie wir Menschen hat: Meerschweinchen können kein körpereigenes Vitamin C produzieren. Das Experiment war klar. Meine Theorie war, dass sich bei Meerschweinchen atherosklerotische Ablagerungen bilden, wenn sie Vitamin-C-arme Nahrung erhielten. Darüber hinaus würden wir durch die Analyse der Ablagerungen in den Arterienwänden die klebrigen Lipoprotein(a)-Fettmoleküle finden.

Die Bedeutung dieses Schlüsselexperiments für Leben und Gesundheit von Millionen Menschen war nicht zu unterschätzen. Dieses Experiment würde den Schluss zulassen, dass ein ähnlicher Mechanismus im menschlichen Körper abläuft. Der Mangel an Vitamin C würde die Blutgefäßwände – ähnlich wie bei der Seefahrerkrankheit Skorbut – schwächen und anschließend würden Lipoprotein(a), Cholesterin und andere Risikofaktoren im Blut in den Arterienwänden abgelagert, um den verzweifelten Versuch zu unternehmen, diese Wand zu reparieren. Das würde beweisen, dass die Fettablagerungen in den Arterien kein Zufall oder reines »Schicksal« sind, sondern dass die Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine direkte Reaktion unseres Körper sind, um die durch Vitaminmangel geschwächten Blutgefäßwände zu reparieren.

Obere Abbildung: Meerschweinchen, die zu wenig Vitamin C in der Nahrung erhalten, entwickeln Arterienverkalkung und eine Herz-Kreislauf-Erkrankung.
Untere Abbildung: Meerschweinchen, die optimales Vitamin C erhalten, haben freie Arterien.

Der Augenblick der Wahrheit

Das Schlüsselexperiment wurde über fünf Wochen durchgeführt, fünf Wochen, die zu den längsten meines Lebens gehören. Selbstverständlich müssen Tierversuche auf ein absolutes Minimum beschränkt werden, da dieses Experiment aber für Gesundheit und Leben von Millionen Menschen von Bedeutung sein würde, wurde es von der Ethik-Kommission des Instituts genehmigt. Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem das Experiment abgeschlossen war und ich die Arterienwände der Meerschweinchen unter dem Mikroskop betrachtete. Bei den Meerschweinchen, die dem menschlichen RDA (= empfohlene Tagesdosis) vergleichbar Vitamin C erhielten, bildeten sich Ablagerungen in den Arterienwänden, die beim Menschen Herzinfarkte und Schlaganfälle verursachen. Tiere, die vergleichbar zum menschlichen Körpergewicht zwei Teelöffel Vitamin C täglich erhalten hatten, behielten reine Arterien. Am wichtigsten war, dass dieser auffällige Unterschied nicht durch Hinzufügen von Cholesterin oder Fett aus der Nahrung, sondern durch Weglassen eines einzelnen Faktors aus der Nahrung erhalten wurde – Vitamin C.

An dem Tag fühlte ich mich, wie sich Kolumbus gefühlt haben musste, als er 1492 zum ersten Mal Land sah – nach jahrelangem Kampf und der Überwindung von Hindernissen. Ich ging zu Dorothy Munroe, langjährige Sekretärin von Linus Pauling, und fragte sie, wo ich Linus erreichen und ihm die aufregende Nachricht mitteilen konnte. Sie bemerkte meine Aufregung und sagte: »Gehen Sie rein, er ist im Büro.« Ich machte nicht einmal die Tür hinter mir zu und rief: »Linus, kommen Sie, das müssen Sie sehen!«

Er hatte in seiner typischen Haltung Briefe und Korrespondenz diktiert, halb in seinem Sessel liegend, seine Füße auf dem Schreibtisch und seine schwarze Baskenmütze tief über die Augen gezogen, um ihn vor dem Neonlicht des Büros zu schützen. Er sprang im wahrsten Sinne des Wortes auf, setzte seine Baskenmütze richtig auf und begleitete mich in den Raum, in dem sich die Arterien der Meerschweinchen unter dem Mikroskop befanden. Die sichtbar dokumentierten Ergebnisse ließen keinen Zweifel zu: Die optimale Menge Vitamin C war die Lösung der Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Schlusssatz aus dem historischen Rath-Pauling-Manifest ›Aufruf zu einer Internationalen Anstrengung zur Abschaffung der Herzkrankheit‹ (veröffentlicht im April 1992): »Das Ziel der Beseitigung von Herzkrankheiten als Hauptursache von Tod und Invalidität ist jetzt in Sicht!«

Nachdem er ein paar Minuten durch das Mikroskop gesehen hatte, erhob sich Linus, drehte sich um und strahlte mich an: »Ich freue mich wie ein Schneekönig.« Er nahm mich beim Arm und wir gingen in sein Büro, um sofort über die nächsten Schritte und die Bedeutung für die menschliche Gesundheit zu sprechen.

Als ich an diesem Abend nach Hause fuhr, wusste ich, dass die Medizin nicht mehr die gleiche sein würde. Gedanken erschienen mir wie Blitze und es eröffnete sich eine atemberaubende Perspektive. Ich sah, wie Menschen in der ganzen Welt sich dieser Entdeckung annahmen und sich Wissenschaftler anschlossen, um sie auf jeder Ebene weiter zu bestätigen. Ich stellte mir die Morgennachrichten mit der Überschrift: »Herzkrankheit kurz vor der Auslöschung« vor. Ich konnte ein neues Forschungsinstitut in den Himmel wachsen sehen. Wie konnte ich ahnen, dass der Kampf um die Anerkennung dieser einfachen Wahrheit gerade erst begonnen hatte und jahrelange harte Schlachten vor mir lagen.

Dr. Matthias Rath

Dr. Matthias Rath

Dr. Rath was born in Stuttgart, Germany, in 1955. After graduating from medical school he worked as a physician and researcher at the University Clinic of Hamburg, Germany and the German Heart Center in Berlin. His research focused on the causes of arteriosclerosis and cardiovascular disease.

Dr. Rath is a member of the New York Academy of Sciences, the American Heart Association and other scientific organizations. His popular science books “Why Animals Don’t get Heart Attacks – but People Do” and “Victory Over Cancer” have been translated into multiple languages and read by millions of people.
Dr. Matthias Rath
Dr. Matthias Rath
Dr. Rath was born in Stuttgart, Germany, in 1955. After graduating from medical school he worked as a physician and researcher at the University Clinic of Hamburg, Germany and the German Heart Center in Berlin. His research focused on the causes of arteriosclerosis and cardiovascular disease.

Dr. Rath is a member of the New York Academy of Sciences, the American Heart Association and other scientific organizations. His popular science books “Why Animals Don’t get Heart Attacks – but People Do” and “Victory Over Cancer” have been translated into multiple languages and read by millions of people.