Die italienischen Behörden haben 22 Personen verhaftet und Vermögenswerte in Höhe von über 600 Millionen Euro (638 Millionen Dollar) beschlagnahmt. Dies geschah im Rahmen von Betrugsermittlungen im Zusammenhang mit dem COVID-19-Pandemiefonds der Europäischen Union. Zu den bei den Razzien beschlagnahmten Gegenständen gehörten Villen, Rolex-Uhren, Cartier-Schmuck, Gold, Kryptowährungen und hochwertige Fahrzeuge wie Lamborghinis und Porsches. Als wäre der Ruf des EU-Politapparats nicht schon längst auf den Hund gekommen – immerhin dauern die Untersuchungen im Qatargate-Skandal ja noch an –, setzt diese jüngste Schande in puncto finanzieller Redlichkeit erneut eins drauf.
Drei der 22 Festnahmen erfolgten in der Slowakei, zwei in Österreich und die übrigen in Italien. Auch in Rumänien wurden zur gleichen Zeit Durchsuchungen durchgeführt. Bei den Verhaftungen sollen die italienischen Strafverfolgungsbehörden eng mit den Mitarbeitern der Europäischen Staatsanwaltschaft (EuStA, engl. EPPO) zusammengearbeitet haben. Einige Beobachter glauben allerdings, dass dies nur die Spitze des Eisbergs sein könnte, zumal der Jahresbericht 2023 der EuStA insgesamt 1.927 laufende Ermittlungen mit einem mutmaßlichen Betrugsvolumen von 19,2 Milliarden Euro ausweist.
In einem weiteren aktuellen Fall ermittelt die EuStA gemeinsam mit griechischen Behörden ebenfalls wegen Betrugsvorwürfen im Zusammenhang mit der Vergabe von 2,5 Milliarden Euro aus dem Europäischen Aufbauplan nach COVID-19 an griechische Unternehmen. Hier konzentriert sich die Untersuchung auf den Verdacht, dass Firmen Absprachen getroffen haben, um den Wettbewerb bei öffentlichen Ausschreibungen einzuschränken und so möglicherweise Kosten in die Höhe zu treiben. Die Vorwürfe spiegeln die in allen EU-Mitgliedstaaten wachsende Unzufriedenheit wegen des Mangels an Transparenz und fairem Wettbewerb bei der Vergabe von Konjunkturhilfen wider.
Ironischerweise scheint es den mutmaßlichen Betrügern leichter gefallen zu sein, an die Gelder zu gelangen als den meisten EU-Mitgliedstaaten. Berichten zufolge haben die europäischen Regierungen weniger als ein Drittel der ursprünglich für die Pandemie bereitgestellten 723 Milliarden Euro erhalten und drängen auf eine Beschleunigung der Auszahlungen. Der Europäische Rechnungshof, die Kontrollinstanz der EU, ist jedoch der Ansicht, dass schwache Sicherheitsvorkehrungen die Möglichkeiten für Betrug erhöhen. Schon vor Einleitung der Untersuchungen in Italien und Griechenland hatte der Rechnungshof offen vor möglicher Korruption bei der Verwendung der Mittel gewarnt.
Hier zeigt sich nun, dass Verbrechersyndikate routiniert darin sind, die von der EU für Entwicklung und Wiederaufbau bereitgestellten Gelder in die eigene Tasche zu stecken. Angesichts der Tatsache, dass offenbar Kryptowährungen, künstliche Intelligenz (KI) und Offshore-Server genutzt wurden, um den Betrug in Italien zu erleichtern, scheint das erklärte Ziel der EU, bei der Regulierung von KI weltweit führend zu werden, bereits unterminiert zu sein.
Jetzt, da sich der Konjunkturfonds für die Zeit nach COVID-19 in Windeseile zu einem politischen Desaster entwickelt hat, wird die EU vermehrt mit Forderungen nach Transparenz konfrontiert. Sie soll erklären, was mit den öffentlichen Mitteln geschehen ist. Einige Beobachter befürchten, dass der größte Teil des Geldes vielleicht nie zurückgeholt werden wird. So oder so müssen die Milliarden, die für die Einrichtung des Fonds aufgenommen wurden, letztendlich zurückgezahlt werden, was bedeutet, dass die europäischen Steuerzahler die Leidtragenden sein würden. Da sie bereits durch die Krise anhaltend hoher Lebenshaltungskosten unter Druck stehen und die Wahlen zum Europäischen Parlament zwischen dem 6. und 9. Juni anstehen, könnten die Wähler durchaus geneigt sein, ihrem Ärger an der Wahlurne Ausdruck zu geben.