Nicht ohne Kritik an den ungebremst durch die Decke schießenden Arzneimittelpreisen prognostiziert der Branchenanalyst IMS Health einen Anstieg der weltweiten Pharma-Umsätze bis zum Jahr 2020 um 30 Prozent: auf atemberaubende 1,4 Billionen USD im Jahr. Die Vorhersage geht beunruhigenderweise davon aus, dass bis 2020 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Ländern lebt, in denen der Arzneimittelkonsum eine Tagesdosis pro Person übersteigt. Angetrieben durch die explodierenden Preise neuer Medikamente, skandalöse Preiszuwächse bei bereits existierenden Mitteln und einer Marketing-Propaganda, die Krankheiten – anstatt sie einzudämmen – wuchern lässt und kurzerhand ganze Bevölkerungsteile zu Risiko-Gruppen mit einem entsprechenden Arzneimittelbedarf erklärt, kann es keinerlei Zweifel mehr daran geben, dass das „Investmentgeschäft mit der Krankheit“ keine finanzielle Tragfähigkeit besitzt. Wenn die Menschheit nicht in der Lage ist, sich aus dem Würgegriff des Pharma-Kartells zu befreien, geraten die nationalen Gesundheitssysteme immer stärker in Gefahr, vor die Wand gefahren zu werden.
Um die Größenordnung jener Zahl klar zu machen, dieser Vergleich: Wäre die Pharmaindustrie ein Land, so käme sie mit ihrem Jahresumsatz in der Liste der Bruttoinlandsprodukte (BIP) auf Platz vierzehn der reichsten Nationen. Umgekehrt heißt dies, dass von den in Liste der Weltbank aufgeführten 194 Staaten sage und schreibe 180 abgehängt werden bei einem Betrag von 1,4 Billionen USD. Allein der Jahresumsatz des Pharmaherstellers Novartis in Höhe von 51 Milliarden USD im Jahr 2014 übertrifft das BIP von gut der Hälfte der Länder.
Doch die Pharmaindustrie ist nicht bloß aus finanzieller Sicht alles andere als nachhaltig, sondern auch aus ökologischer. Weltweit mehren sich die Belege, dass Pharmaunternehmen die Umwelt verschmutzen und dass mittlerweile sogar unsere Trinkwasserversorgung von den Verunreinigungen mit gefährlichen Arzneistoffen in messbarem Ausmaß betroffen ist.
Einer Studie zufolge, die 2009 publiziert wurde, wies Fisch, der nahe der Wasseraufbereitungsanlagen von fünf großen US-Städten gefangen wurde, Arzneimittelrückstände auf. Tests ergaben außerdem, dass mindestens 46 Millionen Amerikaner Wasser trinken, das durch Pharma-Substanzen verunreinigt ist. Britische Wissenschaftler stießen unterdessen auf Krebs-Medikamente im Trinkwasser und steigende Gehalte von Antidepressiva im Küstenwasser, wobei sie befürchten, dass das natürliche Gleichgewicht des Ökosystems dadurch empfindlich durcheinandergebracht sein dürfte, möglicherweise mit Schäden für die Nahrungskette. Die höchsten Konzentrationen von Arzneistoffen im Wasser glaubt man in Indien vorgefunden zu haben, wo 21 verschiedene, aktive Pharma-Substanzen identifiziert wurden – 150mal höher als die höchsten in den USA gemessenen Werte.
Zieht man darüber hinaus Aspekte in Betracht wie die Giftigkeit von Arzneimitteln oder das Hervorrufen von Krankheiten durch Medikamente oder die Finanzierung von Wohltätigkeitsorganisationen als Mittel, um Einfluss auszuüben, so wird deutlich, dass die Pharmaindustrie die Gesundheit der Menschen zur Geisel gemacht hat und gleichsam gegen Lösegeld festhält. Und ebenso sticht vor diesem Hintergrund das klägliche Versagen von Regierungen ab, denen diese Sachverhalte ja ebenfalls nicht fremd sind, denen aber eigentlich die Pflicht zukäme, Pharmaunternehmen ordnungsgemäß zu regulieren.
Einen griffigen Beweis hierfür liefert Großbritannien in Form eines bemerkenswerten Berichts, der den Titel trägt „Der Einfluss der Pharmaindustrie“. Veröffentlicht im Jahr 2005 vom Gesundheitsausschuss des britischen Unterhauses äußerte sich der Bericht höchst kritisch über die Einflussnahme der Pharmaindustrie in der Medizin und im britischen Gesundheitssystem. Doch die offizielle Stellungnahme der britischen Regierung zu diesem Bericht ignorierte rundheraus viele von dessen Kernaussagen und wischte einige der wichtigsten Empfehlungen ganz einfach beiseite. Offenbar im Versuch dieses Vorgehen zu rechtfertigen, hieß es in der Stellungnahme vielsagend, „die Pharmaindustrie ist für Großbritannien ein wichtiger Wirtschaftssektor“ und „mit ihr geht eine überdurchschnittliche Zahl von Innovationen einher zum Wohle der Patienten und zugunsten von Investitionen in die Wirtschaft“.
Von welcher Seite man es auch immer betrachtet, das „Pharmageschäft mit der Krankheit” ist definitiv nicht überlebensfähig. Je eher es also ersetzt wird durch ein wirklich präventives Gesundheitswesen, das auf wissenschaftlichen Durchbrüchen im Bereich der Vitaminforschung und Zellular Medizin aufgebaut ist, desto besser ist dies sowohl für Patienten als auch für die nationalen Gesundheitsausgaben. Falls Sie also in nächster Zeit um eine wohltätige Spende für die ein oder andere Patientengruppe gebeten werden, um damit die Forschung nach innovativen Arzneimitteln zu beschleunigen, erinnern Sie sich daran, dass die Pharmaindustrie – eine weltweit agierende Branche, die über eine Billion Dollar im Jahr erwirtschaftet – Ihre finanzielle Unterstützung nicht nötig hat.