Dass Vitamin-D-Mangel ein weltweites Problem ist, zeigt erneut eine aktuelle Studie, die hohe Defizitraten in der afrikanischen Bevölkerung feststellte. Den Forschern zufolge kommen niedrige Vitamin-D-Konzentrationen bei Menschen in Afrika häufiger vor als man gemeinhin annehme. Immerhin fehlt es an intensiver Sonneneinstrahlung auf diesem Kontinent nicht. Vor dem Hintergrund der Gesundheitsrisiken, die mit einem Mangel an Vitamin D assoziiert sind, kommt die Studie zu dem Schluss, dass es Strategien brauche, um den Defiziten vorzubeugen, sie zu erkennen und zu behandeln. Diese Maßnahmen sollten Eingang finden in die primäre öffentliche Gesundheitsversorgung afrikanischer Staaten.
Die in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet erschienene Arbeit stammt von Forschern aus Kenia, Südafrika und den USA. Abhängig davon, bei welchen Werten eine Unterversorgung festgemacht wird, sei bei 18 bis 59 Prozent der afrikanischen Bevölkerung eine unzureichende Versorgung mit diesem Mikronährstoff nachzuweisen. Besonders häufig fanden die Wissenschaftler einen Mangel bei Neugeborenen vor, bei Frauen, unter der städtischen Bevölkerung, bei Einwohnern nordafrikanischer Länder und bei Menschen Südafrikas.
Da die städtische Bevölkerung offensichtlich häufiger von zu niedrigen Vitamin-D-Konzentrationen betroffen ist, als Menschen in ländlichen Räumen, gehen die Autoren davon aus, dass die Urbanisierung sowie die damit einhergehende Veränderung der Lebensstile für den Mangel verantwortlich sind. Mithin dürfte sogar noch eine Verschärfung des Problems zu erwarten sein, denn die Vereinten Nationen sagen voraus, dass ab 2035 mehr als die Hälfte der Bevölkerung Afrikas in Städten leben wird.
Mit ihren Studienergebnissen, die eine weit größere Verbreitung von Vitamin-D-Defiziten zum Vorschein bringen, räumen die Forscher auf mit dem Irrglauben, ein Mangel dieses lebenswichtigen Mikronährstoffs sei auf dem afrikanischen Kontinent selten. Ausgehend von ihren Resultaten raten die Autoren zur Entwicklung von Regierungsstrategien und der Anpassung von Ernährungsrichtlinien, um den Vitamin-D-Status der afrikanischen Bevölkerung zu verbessern.
Interessanterweise gibt es zwischen den Daten, die in Afrika auf einen Vitamin-D-Mangel hindeuten, und den Zahlen in Europa Ähnlichkeiten. Hier nämlich gelten rund 40 Prozent als unterversorgt. Eine vielfach zitierte Studie, welche im Jahr 2016 im American Journal of Clinical Nutrition publiziert wurde, ergab, dass Vitamin-D-Defizite in der gesamten europäischen Bevölkerung vorkommen, und zwar »mit Raten, die besorgniserregend sind und das öffentliche Gesundheitswesen zum Handeln auffordern.«
Während global betrachtet ein Vitamin-D-Mangel allerorts vorgefunden werden kann, variiert dessen Ausmaß erheblich. In den USA werden Defizitraten von 23 bis 30 Prozent angegeben, derweil die Zahlen etwa im Nahen Osten zwischen 30 bis 90 Prozent auseinanderklaffen. In Australien geht man von rund 20 Prozent Betroffenen aus, die über zu wenig Vitamin D verfügen, in China beträgt der Bevölkerungsanteil etwa 56 Prozent. Unterdessen mehren sich die Belege, dass die gesundheitliche Bedeutung von Vitamin D wesentlich höher anzusetzen ist, als dies in den Minimal-Empfehlungen der nationalen und internationalen Behörden bislang zum Ausdruck kommt. Die Werte für eine wirklich optimale Versorgung wären ohnehin größer anzugeben. Daran gemessen dürfte der Mangel an diesem wichtigen Mikronährstoff also noch weit umfangreicher ausfallen, als Studien nahelegen.
Angesichts der Liste chronischer Krankheiten, die mit einem Defizit an Vitamin D verbunden sind, besteht ganz klar die Notwendigkeit, gesundheitspolitische Maßnahmen zu ergreifen, um die Bevölkerung vor einem Mangel wirksam zu schützen. Indem Regierungen und globale Gesundheitsbehörden es aber fortwährend unterlassen, auf diesem Gebiet entschlossen zu handeln, wächst auf Seiten der Menschen der Druck, sich daran zu erinnern, dass Gesundheit in ihren eigenen Händen liegt und mit der Aneignung von Wissen beginnt.